Autonomie. Lügen. Vertrauen.

Wir alle wünschen uns Treue und sind wahrscheinlich mindestens einmal mit Untreue in Berührung gekommen. Doch wie können wir trotzdem weiterhin der Liebe vertrauen? Diese und andere Fragen werden hier beantwortet.

In vielen Lebenssituationen wäre es sicherlich von Vorteil, die eigenen Moralvorstellungen an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Das Leben wäre dann möglicherweise unkomplizierter und es gäbe weniger Herzschmerz. In diesem Artikel geht es um das Thema Untreue. Ich möchte aufzeigen, dass es bei diesem Thema nicht immer leicht ist, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Außerdem zeigt die Anwesenheit von Untreue nicht zwangsläufig, dass wahre Liebe nicht existiert.

Die Unwahrscheinlichkeit von Treue

Unsere Gesellschaft scheint sich in eine Richtung zu entwickeln, die als toleranter, aber auch als verbissener wahrgenommen werden kann. In offenen Partnerschaften leben wir heute, verlieben uns in alle Geschlechter und wünschen uns selbstverständlich das Maximum an Selbstbestimmung. Gleichzeitig sehnen wir uns in vielen Situationen nach einem Hafen, der Sicherheit und klare Regeln bietet. Die Alten Werte treffen auf das neue Verständnis von Selbstverwirklichung.

Es stellt sich die Frage, wie persönliche Freiheit innerhalb abgesteckter Grenzen funktionieren kann. Vertrauen bildet die Grundlage für eine funktionierende Partnerschaft. Dieser Artikel soll dir aufzeigen, dass es nicht möglich ist, Untreue des Partners zu verhindern. Die einzige verbleibende Option ist, Vertrauen zu schenken. Denn ein Versprechen sollten wir uns in einer Partnerschaft stets geben:
„Nichts von dem, was du tust, soll mir bewusst schaden. Ich vertraue darauf, dass du in allen Situationen auf unsere Partnerschaft achtest.“

In einem ZDF-Beitrag vom 22.08.2024 werden anhand von aktuellen Zahlen und Fakten die Veränderungen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Themas „Untreue“ in den letzten Jahren thematisiert. Es könnte demnach von Bedeutung sein, unsere persönliche Ebene für einen Moment zu verlassen und die Sicht der Außenwelt auf dieses Thema zu beleuchten.

Die Umfrage von Parship und dem Marktforschungsinstitut Innofact ist eindeutig: Die Toleranz in Deutschland ist stark gestiegen. Zwar sieht die Mehrheit der Befragten – sowohl 2018 als auch heute – in einer langfristigen Affäre Untreue, aber die Toleranz gegenüber dem Besuch eines Bordells hat sich deutlich verändert. Von überzeugenden 91 % der Befragten im Jahr 2018 waren es 2024 nur noch 67 %, die darin einen Betrug sahen. Und ähnlich tolerant scheint die Gesellschaft beim unbedeutenden Fremdknutschen zu sein: Immerhin sahen 2018 hier noch 81 % eine Form der Untreue. Im Jahr 2024 sind es nur noch 57 %. Messen wir unsere Moralvorstellungen also an den möglichen Zeit- oder Geldinvestitionen? Werten wir den Konsum eines flüchtigen Kusses oder die Inanspruchnahme einer körpernahen Dienstleistung anders als die vergleichbare partnerschaftliche Verbindung zu einer dritten Person? Wir müssen uns fragen: Fühlen wir uns tatsächlich nur betrogen, wenn unser emotionales Sicherheitsempfinden ins Wanken kommt? Gibt es einen moralischen Unterschied zwischen körperlicher- und emotionaler Treue? Leben wir freier, wenn die Grenze um die Gefühlswelt des Partners stabil und exklusiv uns gehört, aber sein Körper nicht?

Die Studie zeigt klar: Lebenserfahrung schlägt die idealisierte Vorstellung vom Leben. Die Mehrheit der 18- bis 29-Jährigen erkennt Untreue bei der Anmeldung in einem Single-Portal (Der Auftraggeber von Parship lässt grüßen). Immerhin die Hälfte der 60- bis 69-Jährigen sieht hier noch keinen Betrug.

Und jetzt die Fakten, die für sich selbst sprechen und die lebenslange Treue zu einem unerreichbaren Ideal werden lassen: 95 % der Befragten aus einer anderen Studie wünschen sich eine Beziehung, in der Treue gegeben ist. 95 % der Menschen haben oder werden Untreue passiv oder aktiv im Laufe ihrer Liebesbeziehung erleben.

Wir sollten uns daher fragen, ob es naiv ist, davon auszugehen, dass eine Liebesbeziehung ausschließlich aus zwei Menschen bestehen muss. In unserer schnelllebigen Zeit stellt sich die Frage, ob wir überhaupt noch in der Lage sind, verbindliche und vertrauensvolle Beziehungen einzugehen. Ich hoffe, dass einige der von mir dargelegten Szenarien dir die Augen öffnen und dazu beitragen, dass du am Ende dieses Artikels wieder optimistischer an die Thematik Liebe herangehen wirst.

Das Auf und Ab in Partnerschaften

Du befindest dich in einer harmonischen Beziehung und es liegt dir fern, deinem Partner bewusst Leid zuzufügen. Du könntest dir auch nicht vorstellen, eure Liebe zu gefährden. Dennoch wird es Phasen in eurer Partnerschaft geben, in denen euer Fokus nicht auf dem anderen liegt, da andere Verpflichtungen in eurem Leben eine höhere Priorität einnehmen werden als eure Zweisamkeit. In diesen Zeiten erscheint alles distanzierter. Eure Gespräche drehen sich um Alltagsthemen, eure Berührungen fühlen sich einstudiert und fast mechanisch an. Ihr kennt euch und beantwortet euch Fragen lieber selbst, als die Meinung eures Partners zu erfragen.

Und dann passiert es, der Moment, der das Leben eines Langzeitpaares in den Schatten stellt:
Ein neuer Mensch tritt in dein Leben. Er ist so interessant, er ist so anders, er bringt etwas in dir zum Klingen, das schon lange der Vertrautheit in deiner Partnerschaft weichen musste. Ihr flirtet, ihr lacht und du genießt die Leichtigkeit in diesem Spiel. Diese Leichtigkeit, die du so vermisst hast. Du spürst, das dein moralischer Kompass ins rotieren gerät. Eigentlich bist du so nicht. Eigentlich bist du glücklich in deiner partnerschaftlichen Monotonie. Wenn nur, ja wenn nur, diese immer gleichen Konfliktthemen nicht wären. Statt an Problemen zu arbeiten, statt für den Partner zurück zu stecken, könntest du dich dieser Gelegenheit hingeben. Er ist schließlich ganz anders als das was du bisher kanntest. Es ist neu und unbeschwert. Es fällt dir schwer diesem Anbahnungsprozess zu widerstehen. Der Kontrast aus alt und neu ist für dich schwer auszuhalten. Das Zusammenleben mit deinem Partner mag sich von Tag zu Tag monotoner anfühlen. Zuhause ist alles eingespielt, es gibt keine Überraschungen, und selbst die Mülltüte knistert lauter, als die Spannung zwischen dir und deinem Partner. Ganz im Gegensatz zu dieser neuen Person in deinem Leben.

Partnerschaften durchlaufen Phasen, und jeder Distanz folgt die Annährung.
Aber was, wenn dein Adrenalinrausch und dein Herzrasen wegen eines Anderen eine Vollbremsung hinlegen muss? Was wenn die Phase der Distanz von deinem Partner einseitig aufgekündigt wird und die Liebe und Zuneigung für dich wieder Oberhand gewinnt? Dein Herz aber gerade mit anderen Träumereien belegt ist. Ein Horrorszenarium, aber sieh selbst.
Du bist zu Hause. Ihr als Paar habt es nach langer Zeit geschafft, einen gemütlichen Abend miteinander zu verbringen. Er gesteht dir, dass er selbst bemerkt hat, wie wenig Zeit er für dich hatte und dass es ihm leid tut. Du fühlst dich von Sekunde zu Sekunde zerrissener. Du schaust ihn dir an. In dieses vertraute Gesicht. Du spürst die Zuneigung. Die Wärme, die von ihm ausgeht. Dein Herzschlag ist ruhig, dein Atem gleichmäßig, deine Muskeln entspannen sich. Er ist dein Zuhause. Hier fühlst du dich sicher und geborgen. Langsam erkennst du, worauf es ankommt. Der Schleier beginnt sich wieder zu heben, du siehst in diesem Moment wieder klarer vor dir, was du bereits hast. Wie gut das alles für dich ist. Was ihr euch gemeinsam aufgebaut habt in euren gemeinsamen Jahren. Welche Täler und Höhen ihr gemeinsam durchlaufen habt. Ihr teilt Erinnerungen an eure Vergangenheit und Visionen von eurer Zukunft. Dein Partner, in dessen Augen die Liebe zu dir erkennbar ist. Zwischen euch stehen keine Fragen, sondern eine tiefempfundene Gewissheit.
Du willst ihm sagen, was in den letzten Wochen in deinem Leben passiert ist. Du möchtest ihm von deiner neuen Bekanntschaft erzählen. Du willst ihm sagen, dass es keinen Kuss gab, keine Berührungen und du dich dennoch lebendiger und gesehener gefühlt hast. Das es eigentlich nichts gibt, das du ihm verheimlichen müsstest. Aber du traust dich nicht, darüber zu reden. Du hast Angst, dass er sich wieder distanziert. Dass die zarte Pflanze der Annäherung durch die ausgesprochene Wahrheit zertreten wird. Du flüchtest dich in seine Umarmung und redest dir ein, dass du nichts falsch gemacht hast. Eigentlich. Es ist dein unschuldiges Geheimnis und du wirst der Versuchung in Zukunft aus dem Weg gehen. Gerade noch rechtzeitig, wie du in diesem Augenblick spürst.

Was macht Untreue mit uns?

Untreue entsteht nicht spontan. Untreue entsteht durch viele kleine Entscheidungen die wir im Alltag treffen. Es sind die kleine Ja’s und die kleinen persönlichen Grenzen die wir unachtsam überschreiten oder verschieben. Wir sind Meister darin, uns Geschichten zu erzählen und damit uns selbst die Erlaubnis zu geben, die wir brauchen um wieder Ja sagen zu können, an der Stelle an der ein Nein sinnvoller gewesen wäre.
Es besteht die Gefahr, dass sich in unserem persönlichen Bereich, der für unseren Partner nicht frei zugänglich ist, ein Vertrauensbruch entwickelt. Es fängt mit unseren Gedanken an und endet mit Taten. Es beginnt immer mit dem, was wir unserem Partner Verschweigen.
Wenn wir über dieses sensible Thema sprechen, dann geht es im Grunde immer um das Gefühl von Autonomie. Jeder Mensch hat drei seelische Grundbedürfnisse nach denen wir streben: Bindung, Sicherheit und Autonomie.
Wir suchen stets nach dem Zustand geliebt, akzeptiert und uns geborgen zu fühlen. Und dazu gehört es auch, dass wir neues erleben können. Unabhängig von unseren Partnern. Das ist ein ganz natürliches Bedürfnis. In einer gesunden Beziehung auf Augenhöhe dürfen wir diesem Bedürfnis nachkommen. In einer Partnerschaft geht es um ein ausgewogenes Verhältnis von Geborgenheit und Individualität.

Es ist durchaus nachvollziehbar, dass du etwas für dich selbst tun möchtest, das deine eigenen Bedürfnisse erfüllt. Es steht dir zu und es steht deinem Partner zu. Es ist die Frage, ob du am Ende offen und ehrlich mit deinem Partner darüber sprechen kannst, oder eben nicht. Ob du deinen Partner in deinen persönlichen Bereich Zutritt gewährst oder eben nicht.
Dies ist die Gratwanderung zwischen Treue und Untreue. Das zarte Band das dich emotional bindet.

Darf ich das noch etwas deutlicher machen? Stell dir vor, du liegst in der Badewanne und liest einen Roman, in dem der Protagonist dir Schmetterlinge in den Bauch zaubert. Dein Partner kommt am Abend nach Hause und fragt dich, warum du so glücklich wirkst. Du kannst ihn lachend antworten. Weder dein Partner wird sich hintergangen fühlen, noch wirst du über dein Verhalten lange nachdenken müssen. Stell dir mal vor, der Protagonist aus dem Roman würde tatsächlich mit dir in der Badewanne liegen. Du könntest diese Erfahrung nicht einfach so erzählen, ohne Gefahr zu laufen, einen angespannten Abend vor dir zu haben.

Der / die Betrüger/ in

Wir wissen jetzt, dass eine Partnerschaft nicht über die magische Kraft verfügt, dass die Versuchungen in der Außenwelt abgeschaltet werden kann. Egal, wie wundervoll unsere Beziehung auch sein mag – es gibt Höhen und Tiefen und Zeiten, in denen wir uns entfremden. Die Zahlen aus diversen Untersuchungen sprechen da eine klarere Sprache, als wir uns eingestehen wollen. Und wenn die Untreue passiert ist, macht uns das nicht zu einem illoyalen Menschen ohne Moral und Werte. Der Betrüger ist und bleibt ein Mensch, der in seinem natürlichen Autonomiebestreben eine Entscheidung getroffen hat, die auch für ihn persönlich zu Konflikten und Problemen führt. Zu den Auswirkungen kommen wir im Folgenden.

Unsere Psyche täuscht uns: Wir können nicht vorhersehen, welche Konsequenzen ein Seitensprung tatsächlich auf unseren Leben haben kann. Wir sehen nur die Attraktivität und spüren die sexuelle Anziehung in dem Moment in dem es passiert. Wir genießen die Streicheleinheit unseres Egos und denken:
„Wenn ich mich Hals über Kopf verknalle, dann kann es nur gut ausgehen.“
Wir glauben uns schlicht und einfach die Geschichten die wir uns selbst erzählen. Und das was sich so unglaublich gut anfühlt, kann doch nicht schlecht sein.

Und diese Einschätzung führt zu dem Phänomen das wir häufig beobachten und was so tief verletzt: Ein Seitensprung ist in den seltensten Fällen einmalig. Wenn der Sex gut ist, wollen wir mehr davon. Wir können dem Impuls vielleicht für eine Gewisse Zeit widerstehen, aber irgendwann wird es zu einer Wiederholung kommen. Die Gelegenheit macht es möglich. Unser Partner bleibt in dieser Sache völlig außen vor.
Wir reden uns weiter ein, dass wir alles unter Kontrolle haben, anstatt das Gespräch zu suchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen und Hilfe zu holen. Wir schotten unseren persönlichen Bereich vollständig ab. So führen wir zwei parallele Leben, die strikt voneinander getrennt bleiben müssen.
Das zarte Band der emotionalen Verbindung zu unserem Partner ist unter Hochspannung.
Unser Terminkalender ist nie so wichtig wie in Zeiten von Untreue. Dein Leben ist getacktet. Der kleinste Fehler hat fatale Auswirkungen. Jetzt geht es um Koordination, Konzentration und um ein Übermaß an Fantasie.
Der Morgen gehört deinem Partner. Du musst dich unauffällig verhalten, Normal. Nur was ist eigentlich normal?
Du gehst zur Arbeit. Der Ort an dem du gefahrlos mit deiner Affäre kommunizieren kannst. Du planst und koordinierst. Aber du musst dich für deine Kollegen unauffällig verhalten, Normal. Nur was ist eigentlich Normal?
Die Stunde Mittagspause dient immer häufiger nicht mehr der Aufnahme einer vollwertigen Mahlzeit. Dein Leben läuft im Eiltempo. Dein Fokus liegt auf dem Erkennen und Nutzen von sich bietenden Zeitfenstern. Mittagspause, Außentermin, Arztbesuch, Verabredung deines Partners. Egal welche Lücke sich bietet. Du optimierst deine 24 Stunden um dein altes Leben mit deinem neuen Leben unter einen Hut zu bringen. Statt Entspannung findest du an jedem Ort deines Lebens, Anspannung. Und um so länger es geht, um so lauter werden die Stimmen in deinem Kopf. Die Uhr tickt. Die Zeit läuft. Aber läuft sie noch für dich, oder schon längst gegen dich? Was war dieses Normal, auf das du achten wolltest?
Nach spätestens neun Monaten bekommen du Druck von allen Seiten. Das ist einfach nicht zu bewältigen.
Die Folge sind Schuldgefühle und das Gefühl von zunehmender Machtlosigkeit. Das gesamte Leben rutscht dir durch deine Hände. Mögliche Folgen sind Schlafmangel und ständige innere Unruhe.

Anmerkung: Schlafmangel ist einer der häufigsten Begleiter von psychischen Problemen. Bitte sucht rechtzeitig Hilfe auf, wenn ihr nachts nicht zur Ruhe kommt und nicht mehr zu ausreichend Schlaf findet.

Und an dieser Stelle haben wir noch nicht über die Folgen für die Betrogene Seite und die Dritte Person gesprochen.

Die dritte Person

Es ist nicht ein einziger Moment der einen vergebenen Partner untreu werden lässt. Es ist keine Charakterschwäche oder eine Veranlagung die uns zu Betrügern werden lässt. Und genauso verhält es sich mit dem Part, den eine Affäre braucht. Die dritte Person. Zu Beginn einer jeden Affäre überwiegt die Euphorie. Zwei Menschen erleben miteinander eine Art von Zweisamkeit die etwas magisches, etwas einzigartiges hat. Noch nie waren die Gefühle für einen anderen Menschen so intensiv. Aber warum ist das so?
Unser Körper schüttet umso mehr Dopamin aus, umso unerreichbarer das Objekt der Begierde ist. Was ich damit sagen möchte?

Nach einem zähen Winter genießen wir die wärmenden Sonnenstrahlen. Anders empfinden wir das bei einer anhaltenden Hitzewelle.

Das eiskalte Getränke an einem Sommerabend fühlt sich anders an, als in der eisigen Nachtluft des Winters.

Wenn dein Partner seit zwei Wochen keine Zeit für ein Treffen hatte, wirst du dich anders fühlen, als wenn du deinem Partner die schmutzigen Socken täglich hinterher räumst.

Wir werden in unserem Leben Phasen durchlaufen in denen wir uns nach mehr sehnen als die erdrückende Normalität. Wir wollen Fühlen, Erleben und wir wollen Abenteuer. Das Leben soll einer Achterbahn gleichen. Wir wollen Geschichten erleben und uns nicht mehr zurecht Phantasieren. Vielleicht kommst du gerade aus einer Langzeitbeziehung. Vielleicht hattest du unbefriedigende Beziehungsanbahnungen. Vielleicht bist du noch auf der Suche nach dem Lebensentwurf der zu deiner Persönlichkeit passt. Vielleicht willst du Experimentieren. Vielleicht bist du auch nur Gelangweilt. Vielleicht suchst du nach einer Mitfahrgelegenheit aus deinem alten Leben in ein neues.
Die dritte Person lebt in einem Zustand aus Leidenschaft und Mangel. Das Gefühl der Zugehörigkeit ist fragil und nur auf die wenigen Stunden begrenzt, die dir eine andere Person zugesteht.
Du hast dich verknallt in eine Person die nicht frei ist. Dieses intensive Gefühl das du spürst kann nicht falsch sein. Die heimlichen Treffen können nicht schlecht sein, wenn sie sich so richtig anfühlen. Du weißt worauf du dich eingelassen hast und du nimmst es in Kauf. Schließlich bist du Teil der Seite die die ganze Wahrheit kennt. Du bist nicht diejenige die Hintergangen wird. Du trägst keine Verantwortung und du trägst keine Altlasten.
Das was ihr zwei miteinander habt schwebt in einem Raum frei von Alltag und Verpflichtung. Ihr seid der Kurzurlaub, die Grenzerfahrung, der Rausch. Ihr Versprecht euch etwas, dass passieren kann aber nicht muss.
Die romantisierte Version dieser Verbindung gleicht einer überwältigenden Liebesgeschichte. Das Erleben schwankt zwischen der Hoffnung, dass der Vergebene sich doch für die neue Beziehung entscheidet. Für dich.
Es gibt kaum etwas Vergleichbares das so sehr mit den Gegensätzen spielt. Die absolute Verschmelzung und die erlebte Fremdheit.
Die Einsamkeit, sobald die Tür sich hinter ihm schließt. Dem Warten auf das nächste Treffen. Ihr teilt keine Zukunftspläne, ihr teilt seinen Terminkalender. Und die Enttäuschung wenn Treffen kurzfristig abgesagt werden müssen, weil er nun Mal nicht wirklich Frei ist. Die dritte Person steht auf einem Abstellgleis und hofft auf Beförderung. Der erste Geburtstag an dem außer eines flüchtigen Anrufes nichts vom Liebsten kommen kann, weil er dir kein Zeitfenster frei geschaufelt hat. Du hörst seine gedämpften Worte, weißt das er nur kurz in einen anderen Raum verschwunden ist. Du hast kaum Zeit seine Anwesenheit zu spüren, da ist er schon wieder verschwunden und du bist wieder zurück gelassen.
Die Weihnachtsfeiertage mit deiner Familie gleichen einem Versteckspiel. Auf Fragen der neugierigen Verwandtschaft antwortest du ausweichend. Du hast immer gewusst auf wen du dich einlässt. Aber du hast nicht gewusst was Dopamin mit deiner persönlichen Freiheit macht. Du bist nicht auf der Suche nach Normalität gewesen. Du wolltest Freiheit fühlen und erlebst die schweren Ketten die an deiner Liebesgeschichte hängen.
Das alles entwickelt eine Dynamik, die nur wenige Menschen länger als neun Monate aushalten können.

Der / Die Betrogene

An dieser Stelle halten wir einen Moment inne. Ja, ich weiß, der betrogene Teil ist in dieser Konstellation die Person die unwillentlich in die Situation hineingezogen worden ist. Unser Mitgefühl ist der betrogenen Person sicher. Ihr wird die Aufmerksamkeit und das Verständnis der anderen im Umfeld zuteil. Und natürlich hat sie genau das auch verdient.

Und hier haben wir die Krux. Die Misere. Das große fette ABER.
Der Moment der Wahrheit, wenn alles auffliegt, reißt dir, als die Betrogene, den Boden unter den Füßen weg. Deine Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Zeit mit deinem Liebsten taucht mit einem Schlag in ein völlig anderes Licht. Das Verhalten deines Partners vor dem Betrug, wehrend des Betrugs und danach wirst du neu bewerten. Die Fragen, die sich dir stellen, rauben dir den Atem und du weißt von einer Sekunde zur Anderen nicht mehr, wo du stehst und wie sich dein Leben weiter entwickeln soll.

Du gehörst zu einem Club, in den du nie eintreten wolltest. Scham, Wut und Verzweiflung. Dich hat niemand gefragt. Hättest du es eher sehen müssen? Hättest du deinem Partner mehr misstrauen müssen? Hättest du etwas anders machen können? Kannst du jemals wieder Vertrauen.

Erinnere dich an die einzige Wahl, die wir haben. Wir können nicht verhindern, dass unser Partner uns betrügt. Ein Betrug geschieht nicht, um den Betrogenen zu verletzten. Ein Betrug ist die Art und Weise, wie ein Mensch auf Umstände reagiert.

Fazit

Es gibt immer eine Wahl. Niemand muss mit der sexuell anziehenden Person intim werden. Wir können nicht steuern, zu wem wir uns hingezogen fühlen. Wir können aber wählen, wie wir mit diesem Gefühl umgehen.

Moralisch hat der betrogene Part sich nichts vorzuwerfen. Doch frei von Verantwortung ist die Person, die belogen worden ist, dennoch nicht. Eine Partnerschaft besteht aus zwei Menschen. Beide tragen zu gleichen Teilen die Sorgfaltspflicht das sie einander zugewandt bleiben.

Warum der Partner den Weg des Betrügens gegangen ist, muss er für sich bearbeiten. In der Vielzahl an Möglichkeiten hat er sich für diese entschieden. Damit sich dies nicht wiederholt, muss das Warum aufgearbeitet werden.

Die Pflicht des Paares besteht darin, aufzudröseln, warum beide das Gespräch zueinander nicht finden konnten. Die Dynamik entwickelte sich nicht ohne Grund. Und hier trugen beide Teile aktiv dazu bei. Respekt, Wertschätzung, Zuneigung und Verbundenheit sind essenziell. Kommen diese zu kurz, dann bekommt das stabile Konstrukt „Partnerschaft“ die ersten Risse.

Beachtest du deinen Partner nicht mehr, werden es andere tun. Erfährt dein Partner keine Zuneigung und Wertschätzung, wird er diese von anderen erhalten. Dies ist menschlich und ein völlig normales Bedürfnis.

Wir können nicht verhindern, dass wir uns Verlieben, das wir uns zu anderen hingezogen fühlen. Es fällt uns nur sehr viel einfacher, diesem Verlangen zu widerstehen, um so vertrauensvoller unsere Partnerschaft ist. Niemand von uns möchte den Menschen, den wir lieben weh tun. Eine Partnerschaft durchläuft Phasen der Nähe und der Distanz, aber sind sich Paare zugewandt und sprechen sie offen und ehrlich über die Dinge, die sie bewegen, dann wenden wir uns keinem Dritten zu. Es gibt keinen persönlichen Bereich in unserem Leben in den unser Partner nicht darf. Wir können Geheimnisse haben, aber keine Geheimnisse, die negative Auswirkungen auf unsere Paarbeziehung entwickeln.

Egal welcher Teil dieses Dreiecks du aktuell bist oder bereits gewesen bist. Du als Mensch bist nicht falsch. Immerhin konnten 60% der vergebenen Frauen und Männer in mindestens einer kritischen Situation nicht rechtzeitig aussteigen. Und die 40% die es eben doch konnten folgten dem eingangs erwähnten Mantra bewusst oder unbewusst:

„Nichts von dem, was du tust, soll mir bewusst schaden. Ich vertraue darauf, dass du in allen Situationen auf unsere Partnerschaft achtest.“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen