
Ja, wir altern. Das ist das Schicksal, dem wir alle ausgeliefert sind. Da hilft dir das minutiös einstudierte eincreme Ritual am Morgen und Abend nur wenig. Auch der exzessive Besuch im Fitnessstudio wird dich davor nicht bewahren. Selbst wenn du es schaffst, äußerlich länger straff und in Form zu bleiben, deine Zellen hältst du nicht auf.
Ich weiß, jetzt ist die Laune im Keller und du stehst kurz davor die teuren Cremes in die Tonne zu werfen und deine Fitnessstudio Mitgliedschaft zum nächsten Termin zu kündigen. Aber warte damit noch bis zum Ende des Artikels. Fangen wir doch erst einmal von vorne an.
Die Jugend
Das war noch schön, damals. Mit Anfang 20. Durchfeierte Nächte steckten wir locker weg. Die Welt gehörte uns und wir wussten nicht in welche Richtung wir als erstes Rennen sollten. Unsere Ideale waren hoch, unsere Lebenserfahrung niedrig. Und in dieser sorgenfreien Zeit legten wir den Grundstein für unsere zukünftige Entwicklung. Ob unsere Entscheidung richtig war, dass wissen wir 20 Jahre später.
Vierzig
Halbzeit! Unsere Zellen altern und in der Mitte unseres Lebens erkennen wir so langsam, was damit gemeint ist.
Für Männer ist jetzt die Zeit, in der viele von ihnen noch einmal richtig Leben wollen und gewohntes über den Haufen werfen. Frauen machen nicht selten einen Kassensturz. Und tatsächlich gibt es viel, an dem wir in dieser Zeit etwas ändern wollen.
Jetzt können wir erst realistisch Einschätzen, was wir wollen und was nicht. Und das gute ist, wir haben noch das halbe Leben vor uns. Wir atmen tief durch und genießen das Leben bewusster. So richtig Fahrt auf, nimmt der körperliche Verfall ja sowieso erst mit:
Fünfzig
Stimmt genau! Unser Gehirn wächst und gedeiht bis zum 25. Lebensjahr und baut dann auch wieder nach und nach ab. Mit 50 Jahren haben wir es dann geschafft. Die Region des präfrontalen Kortex (das ist der Bereich, der evolutionär als Letztes dazu kam) baut am stärksten ab. Das ist im Übrigen der Teil des Gehirns, der uns vom Schimpansen unterscheidet. Hier treffen wir unsere Entscheidungen und lösen Probleme.
und das können wir auch noch mit Ü50. Nur eben deutlich langsamer.
Und nun?
Ich habe eine gute Nachricht für dich: Wir können das Altern verlangsamen. Ob mit oder ohne Botox. Es geht.
Das ist vielleicht nichts Neues, aber es ist wichtig, dass wir uns immer wieder darüber bewusst werden.
Es gibt einfache Mittel, die uns helfen können:
Bewegung, eine ausgewogene Ernährung, pflegen unserer sozialen Kontakte und eine möglichst stressfreie Lebensführung. Das was in unserer Jugend nicht zu den Top Ten zählte, wird mit 50 Jahren um so wichtiger. Alle Entscheidungen die wir in jungen Jahren unbewusst treffen, fallen uns im Alter ganz bewusst auf die Füße. Ja genau, auf die Füße die inzwischen lieber hoch gelegt werden wollen, als in den hochhackigen Schuhen ausgeführt.
Wir kommen, wie Eingangs erwähnt, langfristig nicht drumherum. Wir altern.
Würdevolles Altern
Früher haben wir die Alten belächelt, die uns etwas von „an später denken“ erzählten. Was konnten die Menschen von vorgestern denn über das Leben wissen, das noch vor uns lag. Von einem Tag auf den anderen gehören wir dann plötzlich nicht mehr zu der Gruppe der jungen Erwachsenen, die voller Möglichkeiten sind. Wir waren es viel zu lange gewohnt, dass wir eine Auswahl an Optionen hatten. Und wie selbstverständlich kam es uns vor, dass sich immer wieder neue Türen für uns öffneten. Doch auf einmal scheinen sie alle geschlossen zu sein. Es ist, als hätten wir nur noch sehr wenige Möglichkeiten, beruflich, privat oder in der Liebe. Das kann mitunter sehr frustrierend sein.
Gerade weil wir jetzt, im Alter, verstehen wie wertvoll das Wissen unserer Eltern und Großeltern doch war. Hätten wir nur eher erkannt, das Zuhören viel mehr bringt, als unsere jugendliche Selbstüberschätzung.
Wir haben das Job Game die letzten 20 Jahre durchgespielt und sind jetzt teilweise in einer Sackgasse gelandet. Die Entscheidungen, die wir mit 20 Jahren treffen mussten, können uns durchaus später ein Bein stellen. Was ich damit meine? Damals haben wir das langweilige BWL-Studium abgebrochen um etwas spannenderes auszuprobieren. Heute wäre das die Eintrittskarte für den Chefposten gewesen. Die Entscheidung, in der Lebensmitte noch einmal ganz von Vorne zu beginnen, sich also wieder in einer Universität einzuschreiben und sechs Semester BWL in Vollzeit zu studieren, kann in einem finanziellen und zeitlichen Chaos enden. Alle müssen arbeiten, um ihre monatlichen Kosten zu decken. Mit 40 Jahren haben wir auch sozial ein deutlich engeres Korsett als mit Anfang 20. Damit meine ich Mann, Haus und Kind. Das alles will unterhalten werden. Alleinerziehende haben es da noch deutlich schwerer. Sie sind allein verantwortlich für die Verpflichtungen des Alltags. Das macht eine persönliche Neuorientierung zu einem echten Kraftakt. Und fast noch schwere wiegt die Last der Entscheidung zwischen dem: alles lassen wie es ist und einem teilweisen Neuanfang. Mit dem Alter schwindet nicht selten die Risikobereitschaft. Und leichtfertig alles in Frage zu stellen, das wir in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut haben, ist eine ganz andere Herausforderung. Eine dieser Herausforderungen, von denen wir in unserer Jugend noch nichts wussten.
Es gibt Möglichkeiten sich umzuorientieren. Mit der Lebenserfahrung kommt eine Superkraft zu tragen, die wir früher noch nicht hatten. Wir wissen jetzt einfach wer wir sind, kommen damit besser zurecht etwas nicht zu können. Im wahrsten Sinne des Wortes, füllen wir den Begriff „Selbstbewusstsein“ jetzt mit Leben. Was früher noch ein übergroßes Ego war und eventuell eine gut performte Rolle nach außen, erfüllt nun jede Phaser unseres Körpers. Wir sind uns selbst bewusster, als wir das jemals zuvor waren. Also atmen wir noch einmal in Ruhe durch, besinnen uns auf unsere Stärken und was wir alles schon erreicht haben. Und weiter geht’s. Mit mehr Optimismus. Ich verspreche es.
Die Fakten sprechen tatsächlich für die älteren Semester. Ja, richtig gelesen. Immerhin ist die Kinderplanung abgeschlossen, die Kinder sind bereits aus dem gröbsten raus. Der Mensch ist deutlich gefestigter und weniger Sprunghaft in seinen Entscheidungen. Das Arbeiten ist in Fleisch und Blut über gegangen und die Berufserfahrung haben wir auch im Gepäck. Hier bewirbt sich jetzt ein fertiger Mensch auf die unterschiedlichsten Stellen im Leben, der deutlicher vor Augen hat, was er langfristig möchte. Ob das die Stelle in einer neuen Partnerschaft ist, die Stelle in einer neuen Firma oder die Stelle eines ganz anderen Lebensentwurfes in dem die Karriere und das Geld keine übergeordnete Rolle mehr spielen soll. Und trotzdem kommt es vor, dass aus Tradition die Jugend siegt. Aber ich habe noch etwas für euch.
Wie also würdevoll damit umgehen. Ohne auf die Jugend oder auf das System zu schimpfen und eine verbitterte alte Schachtel zu werden?
Positives Mindset
Och nö, jetzt nicht auch noch in diesem Artikel. Aber ja, wie wir auf die Welt blicken, so blickt die Welt auf uns zurück.
Und nein, ich bin kein Prophet des positiven Denkens. Ich bin immer noch die Vorwurfsvolle und liebe es zu meckern. Aber danach ist auch wieder alles gut. Erinnerst du dich noch an den präfrontalen Kortex in unserem Gehirn. Unser Freund der uns bei der Lösungsfindung unterstützt? Hier bauen sich zwar die Zellen stärker ab, als in anderen Bereichen unseres Gehirns. Aber er funktioniert immer noch. Kein Problem ohne entsprechende Lösungen. Mit einem positiven Mindset suchen wir aktiver nach einer Lösung.
Ärmel hoch krempeln
Jetzt wird an einem Perspektivwechsel gearbeitet. Und los geht’s:
Nichts mehr beweisen müssen! Wir haben bereits Meilensteine erreicht. Wir haben ausprobiert, was wir nicht mehr wollen. Wir kennen uns und wir wissen was uns guttut. Jetzt sind unsere Bedürfnisse dran und das Werkzeug sie zu erfüllen tragen wir bei uns.
Im Alter sind wir effizienter! Richtig gelesen. Mit der Lebenserfahrung haben wir auch gelernt, wie wir unsere Ressourcen schonen können um schneller zum Ziel zu kommen. Wir können einfach strategischer denken und handeln. Selbst das Potential von anderen können wir schneller erkennen und gezielter fördern.
Das klingt nach einer Menge potential.
Jetzt ist die Zeit nicht mehr zu erfüllen was andere vermeintlich von uns erwarten. Wir können Philosophie studieren, wenn uns danach ist. Einfach nur für uns. Wir können uns Weiterbilden, wenn wir leichte Korrekturen vornehmen wollen. Wir haben einfach schon ein Fundament, auf das wir aufbauen können.
Und eins noch. Wir lernen, dass wir mit Selbstliebe weitaus entspannter Leben können, als der Liebe von anderen hinterher zu rennen. Das ist uns schlichtweg zu anstrengend und hat in den letzten Jahren auch nicht funktioniert. Ressourcen schonen und die eigenen Bedürfnisse selbst erfüllen können. Klingt doch gut.
Und jetzt koche dir etwas Leckeres und Gesundes, gehe in Fitnessstudio und genieße die Abendsonne mit deinen Langzeitfreunden. Jetzt ist die Zeit zu genießen. Und zum Glück geht bewusstes Erleben am besten, wenn wir uns dafür Zeit nehmen und uns diesem möglichst entschleunigt zuwenden.


